Kerze am Fenster

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Ein Licht geht um die Welt

Wenn am Worldwide Candle Light Day überall Kerzen brennen, wird spürbar: Sternenkinder bleiben für immer im Herzen jener Menschen, die diesen Verlust erleben mussten.

 Am zweiten Sonntag im Dezember findet der „Worldwide Candle Light Day“ statt – ein Tag, an dem um 19 Uhr weltweit Kerzen für kurz vor, während oder nach der Geburt verstorbene Kinder entzündet werden. Auch in Österreich stellen Familien, Freunde und Gemeinden Lichter in die Fenster oder auf Friedhöfe. Die Kerzenwelle zieht durch alle Zeitzonen und lässt für 24 Stunden ein Band des Gedenkens für diese sogenannten Sternenkinder um die Erde entstehen. 

Sternenkinder in Österreich

In Österreich endet jede dritte bis vierte Schwangerschaft in einer Fehlgeburt. „Viele frühe Abgänge werden nicht erfasst, weil sie zuhause passieren oder sehr früh auftreten“, erklärt Andrea Seehauser vom Netzwerk Gesund ins Leben. Meldepflichtig sind sie erst ab 500 Gramm – etwa ab der 20. Schwangerschaftswoche. Auch deshalb gibt es keine vollständigen Statistiken.

Der Umgang mit Sternenkindern hat sich in den letzten Jahren stark verändert. „Früher wurde das Thema oft totgeschwiegen – sogar innerhalb der eigenen Familie“, sagt Seehauser. „Aber man darf nicht vergessen: Dieses Thema begleitet Betroffene einen ein Leben lang. Gerade in schwierigen Zeiten kommt es wieder hoch.“ Hatte man bis vor wenigen Jahren eine Fehlgeburt in einem Krankenhaus, wusste man nicht genau, was mit dem Embryo passierte. Heute wird in Österreich deutlich sensibler gehandelt. In Zusammenarbeit mit der Pathologie wird das Gewebe von Fehlgeburten sorgsam gesammelt, gekühlt und später im Krematorium verbrannt. „Nichts und niemand landet auf dem Müll“, betont Seehauser. Anschließend wird die Asche auf einem Friedhof beigesetzt – ein zentraler Schritt für die Trauerarbeit.

Rituale verbinden

In Tirol beschäftigt sich das „Netzwerk Gesund ins Leben“ intensiv mit dem Thema. Jedes Jahr werden Holzsterne an alle Gemeinden geschickt. Betroffene Familien können sich einen Stern holen, diesen gestalten und bei der Gemeinde zurückgeben. „Diese Sterne werden von uns gesammelt und einmal jährlich am Sternenkinderfriedhof in Pradl beigesetzt. Rund 800 sind es jedes Jahr“, erzählt Seehauser. Manche stammen von aktuellen Verlusten, andere tragen Geburtsdaten aus längst vergangenen Jahrzehnten. „Wir bekommen Sterne aus den 60er- und 70er-Jahren. Das zeigt: Sternenkinder werden nie vergessen.“ Immer mehr Gemeinden organisieren zudem eigene Gedenkstätten für Sternenkinder und veranstalten Gedenkfeiern, die gerne besucht werden. „Wichtig ist, dass es Rituale gibt, die den Abschied erleichtern. Und dass man spürt, dass man nicht allein ist.“

Trauer braucht einen Platz

Der Verlust eines Sternenkindes ist für Familien eine enorme emotionale und körperliche Belastung. „Für die Mutter ist selbst eine frühe Schwangerschaft körperlich spürbar – und auch die Fehlgeburt. Der Partner ist selbst oft rat- und hilflos, möchte aber nicht zusätzlich belasten“, sagt Seehauser. Viele Eltern kämpfen mit Ängsten, vor allem wenn eine neue Schwangerschaft entsteht. „Die Trauer bleibt präsent. Manche können sich nicht richtig freuen. Genau deshalb ist es so wichtig, dem Sternenkind Raum zu geben.“ Trauer, die keinen Platz hat, sucht sich andere Wege: „Wenn man sie verdrängt, äußert sie sich oft in seelischen oder psychischen Beschwerden.“ Räume wie Sternenkinderfriedhöfe seien daher essenziell – „weil Trauer einen Ort braucht, um verarbeitet werden zu können“.

Netz des Mitgefühls

Wenn am 14. Dezember die Kerzen fürs Worldwide Candle Lighting in Österreich aufleuchten, entsteht ein Netz des Mitgefühls – von Haus zu Haus, von Gemeinde zu Gemeinde. „Das Sternenleuchten hilft, Dinge zu verarbeiten“, sagt Seehauser. „Es erinnert uns daran, immer wieder hinzuschauen.“ Und während die Lichter brennen, wird sichtbar, was viele im Herzen tragen: Sternenkinder mögen gegangen sein – aber vergessen werden sie nie.

Sternenkinder

Der Begriff „Sternenkind“ bezeichnet Kinder, die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben. Er geht auf die symbolische Vorstellung zurück, dass diese Kinder zu den Sternen gelangen, und betont ihr Recht auf Würde und Erinnerung. Wie lange der Begriff existiert, ist unklar, doch er wird seit mehreren Jahrzehnten im deutschsprachigen Raum verwendet. Größere öffentliche Verbreitung fand er vor allem ab den späten 2000er-Jahren, als rechtliche und gesellschaftliche Diskussionen rund um die Anerkennung und Bestattung früh verstorbener Kinder an Bedeutung gewannen.

Einmal jährlich werden die gesammelten Holzsterne im Rahmen einer feierlichen Zeremonie bestattet.

Bestattung der Holzsterne

Wer will kann für sein Sternenkind einen Holzstern gestalten und an einem der Gedenkbäume aufhängen.

Holzsterne für Gedenkbäume

Ein Sternenkindergrab gibt betroffenen Familien einen Platz zum Trauern und Gedenken.

Sternenkindergrab