Welche Ziele das bäuerliche Sorgentelefon verfolgt und was Österreichs Landwirtinnen und Landwirte plagt, darüber hat die BauernZeitung mit Sorgentelefon-Beraterin Barbara Plattner-Huss gesprochen.
BauernZeitung Frau Barbara Plattner-Huss, wer sitzt am anderen Ende der Leitung, wenn man die Nummer des bäuerlichen Sorgentelefons wählt?
Barbara Plattner-Huss Am anderen Ende sitzen ausgebildete psychosoziale Beraterinnen und Berater, die mit den Herausforderungen des bäuerlichen Lebens vertraut sind und einen landwirtschaftlichen Hintergrund haben mit einem tiefen Verständnis für die bäuerliche Lebenswelt. Viele von ihnen haben selbst in einem landwirtschaftlichen Betrieb gelebt oder gearbeitet und kennen daher die Belastungen, die ständige Arbeit, die familiären Verpflichtungen und die enge Verknüpfung von Beruf und Privatleben.
BauernZeitung Wie kann man sich ein Telefonat mit dem bäuerlichen Sorgentelefon vorstellen?
Barbara Plattner-Huss Ein Gespräch am bäuerlichen Sorgentelefon ist in erster Linie ein vertrauliches, wertschät-zendes Zuhören. Die Anrufenden dürfen alles ansprechen – es gibt keine Tabus und kein Urteil. Das Tempo bestimmt die anrufende Person. Oft beginnt es mit einem Satz wie „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll“ – und genau da setzt die Begleitung an: beim inneren Sortieren, beim Atmen, beim Raum-Schaffen.
Genau da setzt die Begleitung an: beim inneren Sortieren, beim Atmen, beim Raum-Schaffen.
Barbara Plattner-Huss
Beraterin Lebensqualität Bauernhof
BauernZeitung Gibt es auch Menschen, die beim Sorgentelefon anrufen, weil sie das Bedürfnis haben, zu reden oder Dampf abzulassen?
Barbara Plattner-Huss Ja, sehr häufig sogar. Das Reden selbst ist bei persönlichen Herausforderungen bereits ein Entlastungsprozess. Viele rufen an, weil sie einfach einmal alles loswerden wollen – ohne bewertet oder unterbrochen zu werden. Oft ist schon dieses Aussprechen der erste Schritt zur Veränderung. Wenn jemand sich verstanden fühlt, entsteht meist auch wieder mehr Klarheit und innere Ruhe.
BauernZeitung Welche Sorgen beschäftigen die Bäuerinnen und Bauern in Österreich?
Barbara Plattner-Huss Die Themen sind vielfältig. Häufig geht es um familiäre Spannungen, Generationenkonflikte, Hofübergabe und Paarthemen. Besonders Rollenveränderungen und Rollenklarheit in der Familie spielen aufgrund der räumlichen Nähe von Beruf und Privatleben eine große Rolle. Alkohol, Gewalt und Überforderung scheinen oft als Begleitthemen auf..
BauernZeitung Ist das Ziel des bäuerlichen Sorgentelefons, Probleme zu lösen oder fungieren sie häufig als Vermittlerin zu weiteren beratenden Stellen?
Barbara Plattner-Huss Das Hauptziel ist Entlastung und Orientierung. Die Beraterinnen und Berater hören zu, helfen beim Sortieren und Unterstützen dabei, einen nächsten Schritt zu finden. In manchen Fällen reicht ein Gespräch, in anderen vermitteln sie weiter – etwa an die jeweilige Beratungsstelle von Lebensqualität Bauernhof im Bundesland, regionale Beratungsstellen, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Die Entscheidung liegt immer bei der anrufenden Person. Das Sorgentelefon versteht sich also nicht als Problemlösungsdienst, sondern als Begleiter auf dem Weg zu einer Lösung
Das Sorgentelefon versteht sich als Begleiter auf dem Weg zu einer Lösung.
Barbara Plattner-Huss
Beraterin Lebensqualität Bauernhof
BauernZeitung Wie bewältigen Berater und Beraterinnen selbst Belastung durch ihre Tätigkeit?
Barbara Plattner-Huss Supervision, kollegialer Austausch und regelmäßige Selbstreflexion sind fixe Bestandteile der Arbeit. Entscheidend ist, sich selbst nicht als „Retterin“ zu sehen, sondern als Begleitung. Das schützt vor Überforderung und hält die Empathie lebendig. Das gilt übirgens nicht nur für die Beraterinnen und Berater.
BauernZeitung Reicht oft eine einmalige Beratung oder bemerkt man, dass Betroffene sich öfters melden und sich regelmäßig Rat holen?
Barbara Plattner-Huss Beides. Manchen genügt ein entlastendes Gespräch, um wieder Boden unter den Füßen zu spüren. Anderenfalls ist die Beratungsstelle Lebensqualität Bauernhof eine hilfreiche Stelle im Bundesland um bei länger andauernden Themen zu unterstützen.
Bäuerliches Sorgentelefon – 0810 / 676 810
Das bäuerliche Sorgentelefon ist von Montag bis Freitag von 8:30 bis 12:30 Uhr (asugenommen an gesetzlichen Feiertagen) erreichbar.
Hier erhält man telefonische Hilfe zum reduzieren Tarif von ca. 1,30 Euro pro Stunde.
Das Bäuerliche Sorgentelefon ist eine einfache und anonyme Anlaufstelle für kleine und große Probleme. Professionelle Ansprechpartner hören zu und geben Antworten, beispielsweise bei Konflikten zwischen Jung und Alt, Hofübergabe/-übernahme, wirtschaftliche Sorgen, Partnerschaft oder Überlastung.