Alpakas vom dem Nesseltalhof besuchen Senioren in Wattens und sorgen mit ihrem Auftritt für leuchtende Augen, berührende Momente – und ein wenig Abwechslung im Alltag.
Wer die kurvige Straße ins Grubertal am Großvolderberg in Tirol hinauffährt, kommt an einem ganz besonderen Betrieb vorbei: dem Nesseltalhof. Für Magdalena Klingenschmid ist er mehr als ein Hof – er ist ein Herzensprojekt. Hier verbindet sie ihre Liebe zu Tieren mit naturpädagogischer Arbeit. Ihre Kreativität kennt keine Grenzen, die Zielgruppe ist breit gestreut, und ungewöhnliche Ideen setzt sie beherzt in die Tat um.
Zwischen Stall und Seniorenheim
Regelmäßig schaut Magdalena bei ihrer Oma im Seniorenheim vorbei und erzählt ihr bei dieser Gelegenheit oft und viel von ihrer Arbeit mit den Tieren. Dabei stellte sich heraus, dass sehr viele der Bewohner im Altersheim noch nie ein Alpaka aus der Nähe gesehen haben. Aus dieser Beobachtung entstand die Idee, Alpakas ins Heim zu bringen – eine Begegnung, die weit über klassische tiergestützte Angebote hinausgeht und bei der damaligen Heimleitung auf große Begeisterung stieß.
Mit Unterstützung ihrer Familie und Freunde machte sich Magdalena auf den Weg nach Wattens – mit mehreren Alpakas, aber auch Enten- und Hühnerküken. In der Aula warteten die Bewohner bereits gespannt, während die Tiere ruhig durch den Raum geführt wurden. „Für diesen besonderen Ausflug habe ich ganz bewusst jene Tiere ausgesucht, die sich gut für soziale Kontakte eignen“, erklärt Magdalena. „Nicht jedes Alpaka hat den gleichen Charakter.“
Die Tiere zeigten sich gelassen, nahmen vorsichtig Kontakt auf, ließen sich streicheln und genossen kleine Futtergaben. So entstanden Momente voller Staunen, Erinnerungen und Berührung. Besonders prägend für Magdalena war der Besuch einer bettlägerigen Bewohnerin: „Sie konnte nicht in die Aula kommen, also brachte ich ein Alpaka direkt in ihr Zimmer. Sie hat all ihre Kraft gesammelt, um das Fell zu berühren – das war einer der bewegendsten Augenblicke, die ich je erlebt habe.“
Sie hat all ihre Kraft gesammelt, um das Fell zu berühren – das war einer der bewegendsten Augenblicke, die ich je erlebt habe.
Magdalena Klingenschmid
Alpakabäuerin
Auch das Pflegepersonal war tief beeindruckt: „Die Begeisterung war enorm – und die Dankbarkeit aller Beteiligten berührte mich tief“, berichtet Magdalena. Solche Erlebnisse zeigen eindrucksvoll, wie wertvoll tiergestützte Pädagogik sein kann – weit über klassische Therapieformen hinaus. Schnell sprach sich herum, wie besonders dieser tierische Besuch für die Heimbewohner war. Anfragen anderer Einrichtungen gibt es inzwischen viele, doch Magdalena beschränkt sich bewusst auf Wattens: Der Aufwand ist groß, und sie möchte die Besuche weiterhin ehrenamtlich und mit vollem Fokus durchführen.
Die Alpakas zaubern den Leuten ein Lächeln ins Gesicht.
Ruhig und entspannt näherten sich die Alpakas den Bewohnern des Seniorenheimes und fraßen ihnen direkt aus der Hand.
Die Menschen im Seniorenheim freuen sich sehr über den tierischen Besuch.
Hugo eignet sich aufgrund seines feinen Charakters optimal für einen Besuch im Altersheim.
Vom Pony zum eigenen Hof
Der Weg zum Nesseltalhof begann 2022 eher zufällig. Magdalenas Tochter erhielt ein Pony, das zunächst bei ihrem Onkel untergebracht wurde. Als dies nicht mehr möglich war, fragte Magdalena beim Besitzer eines alten Schafstalles an – und konnte den Hof pachten. Bald zogen die ersten Alpakas ein.
Das Stallgebäude war in schlechtem Zustand, doch Magdalena und ihr Mann Simon renovierten es mit viel Engagement und handwerklichem Geschick. Parallel absolvierte Magdalena einen Lehrgang für tier- und naturgestützte Pädagogik, um ihre Erfahrung im Kindergarten mit ihrer Liebe zu Tieren zu verbinden. Heute lebt auf dem Hof ein vielfältiger Tierbestand, darunter 18 Alpakas, Ponys, Ziegen, Hühner, Enten und Kaninchen, und der Betrieb wird gewerblich geführt. Für pädagogische Einsätze nutzt die Bäuerin fast ausschließlich die elf männlichen Tiere. Die Weibchen sind meist tragend oder säugend – mit 11,5 Monaten Trächtigkeit und bis zu einem Jahr Säugezeit ein klarer Grund, ihnen Ruhe zu geben.
Magdalene und Simon Klingenschmid investieren viel Zeit, Liebe und handwerkliches Geschick in den Nesseltalhof.
Alpakas wirken zwar kuschelig, sind aber keine klassischen Haustiere. Sie sind ruhig, stressresistent, gut sozialisiert und nehmen Reize nur langsam wahr. Durch ihre Anwesenheit werden bei Menschen positive Emotionen geweckt, die Aufmerksamkeit gefördert und soziale Kontakte angeregt. Besonders ältere Menschen profitieren davon, da sie oft unter Einsamkeit oder eingeschränkter Mobilität leiden. Studien und praktische Erfahrungen zeigen: Kontakt zu Tieren reduziert Stress, hebt die Stimmung und aktiviert Erinnerungen – zentrale Elemente der tiergestützten Pädagogik.
Für Magdalena Klingenschmid zeigen die Besuche im Altersheim eindrucksvoll, dass es oft nicht viel braucht, um wertvolle Momente zu gestalten. Schon ein einziges Alpaka reicht aus, um Herzen zu öffnen und Menschen jeden Alters ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
Der Nesseltalhof
Der Nesseltalhof liegt am Großvolderberg im Tiroler Grubertal und umfasst rund 5.000 m² Betriebsfläche. Betreiberin Magdalena Klingenschmid führt den Hof seit November 2024 gewerblich und verbindet dort tier- und naturgestützte Pädagogik mit moderner Erlebnislandwirtschaft. Auf dem Hof leben 18 Alpakas, vier Ponys, drei Ziegen sowie Hühner, Enten und Kaninchen. Die Alpakas werden ganzjährig im Freigehege gehalten, erhalten Heu aus der Region und werden regelmäßig gesundheitlich kontrolliert. Für pädagogische Angebote – von Altersheimbesuchen über Alpaka-Wanderungen und Yoga bis zu Kindergeburtstagen – setzt Magdalena vor allem die gut sozialisierten männlichen Tiere ein.