Selbst Rekordregenmengen von 1000 Litern in 24 Stunden, wie sie eine Woche vor der Ankunft fielen, scheinen den Alltag hier kaum aus dem Gleichgewicht zu bringen. Was sofort auffällt: Die große Gastfreundschaft, die den Bäuerinnen und Bauern aus Oberös-terreich bei der Leserreise der BauernZeitung überall begegnete.
Von der Plan- zur Marktwirtschaft
Politisch ist Vietnam eine sozialistische Republik mit nur einer Partei – den Kommunisten. Doch wirtschaftlich hat sich in den vergangenen Jahrzehnten viel verändert – besonders in der Landwirtschaft.
Vietnam bietet eine facettenreiche Agrarlandschaft, die sich auf knapp zehn Millionen Hektar erstreckt und etwa 40 Prozent (%) der Gesamtfläche des Landes ausmacht. Ackerland nimmt davon 21 % ein, während 12 % für permanente Nutzpflanzen wie Kaffee, Pfeffer und Kautschuk reserviert sind. Die Waldfläche beläuft sich auf 47 %.
Bis 1985 war die Landwirtschaft verstaatlicht. Bauern arbeiteten in Genossenschaften und erhielten einen Lohn. Damals waren rund 80 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, heute – nach Industrialisierung und umfassenden Reformen – sind es etwa 60 %. Mit der Abkehr von der Planwirtschaft begann eine Erfolgsgeschichte: „Der Reisertrag hat sich seither mehr als verdoppelt“, berichtet Reiseführer Binh stolz.
Ein Bauer verdient im Durchschnitt rund 200 Euro im Monat. Das klingt wenig, ermöglicht aber – dank niedriger Lebenshaltungskosten insbesondere im ländlichen Raum – eine Sparquote von über 50 %.
Die Größen der bäuerlichen Betriebe sind allerdings bescheiden: Im Norden stehen pro Familie rund 800 Quadratmeter zur Verfügung, im Süden immerhin bis zu zwei Hektar. Dort halten viele zusätzlich Schweine, Geflügel, Rinder oder betreiben eine Fischzucht. „Wer fleißig arbeitet, verdient Geld“, so Binh.
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Die Reiskammer Vietnams
Reis prägt das Land wie kaum ein anderes Produkt. Dank des subtropischen Klimas sind jährlich zwei bis drei Ernten möglich. Die Bauern schließen Verträge mit Händlern und Verarbeitern ab. Durchschnittlich werden fünf Tonnen pro Hektar erzielt; im fruchtbaren Mekongdelta sind Toperträge bis zu sieben Tonnen möglich.
Nach der Ernte liegen die Körner zwei bis drei Tage zum Trocknen in der Sonne, bevor sie geschält und poliert werden. Die Kleie dient als Tierfutter. Der Konsum hat sich über die Jahre verändert: Vor 40 Jahren lag er bei 13 Kilo pro Kopf im Monat – heute bei rund fünf. Reis ist zur Beilage geworden, bleibt aber allgegenwärtig.
Unverzichtbar in den oft sumpfigen Feldern: der Wasserbüffel. „Er wird vor allem für Zugarbeiten eingesetzt“, erklärt Reiseführer Vinh. Im Winter ruhen viele Felder, und zahlreiche Bauern suchen Erwerbsmöglichkeiten in der Stadt.
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Wasserbüffel – hier auf einem Reisfeld – werden häufig als Zugtiere genutzt.
Expertise und Zuchttiere aus Europa
In der Nähe der Hauptstadt Hanoi wurde ein staatlicher Milchviehbetrieb mit etwa 1000 Kühen auf 660 Hektar besichtigt. Hier befindet sich auch das nationale Zentrum für Milchkuhforschung. Das Futter besteht zu rund 80 % aus Elefantengras, ergänzt durch Reisstroh, Mais und Heu im Winter. Um die Milchleistung zu steigern, setzt man auf Kreuzungen europäischer und vietnamesischer Rassen und holt sich fachliche Expertise aus der EU und der USA. Die durchschnittliche Leistung liegt bei 7500 Kilo pro Kuh und Jahr. Bauern erhalten rund 50 Cent pro Liter Milch, im Supermarkt zahlen Verbraucher etwa 1,20 Euro.
Auf etwa 40 Prozent der gesamten Fläche Vietnams erstreckt sich die Landwirtschaft. Im Bild ein Gemüsebauer
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Allgegenwärtig: Mopeds, häufig auch sehr kreativ beladen
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Ein traditionelles Handwerk: Das Flechten von Bambuskörben
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Fischfang und Fischzucht spielen vor allem im Mekong-Delta, dem südlichsten Teil des Landes, eine wichtige Rolle.
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Vielfalt über Reis hinaus
Kaffee und Wein kamen während der französischen Kolonialzeit ins Land. Zudem prägen Wal-, Erd- und Cashewnüsse, Pfeffer, Sesam sowie Mangos, Litschis, Kokos, Pomelos, Jack- und Stinkfrüchte das Bild des Landes. Im Zunehmen begriffen ist der Agritourismus. Einige Resorts produzieren ihre eigenen Lebensmittel und servieren sie den Gästen. „Das ist gut für Landwirtschaft und Tourismus“, sagt Reiseführerin Bao.
Auch das traditionelle Handwerk lebt: Wenn auf den Feldern keine Arbeit ist, flechten Familien Bambuskörbe. Rund 20 Stück schaffen sie pro Woche, drei Euro bringt einer ein – ein willkommener Zuverdienst.
Die Mechanisierung in der Landwirtschaft nimmt stetig zu. Die Professionalisierung der Landwirtschaft schreitet aber nur langsam voran, da die meisten Landwirte Kleinbauern sind. Das sieht man insbesondere bei der Viehwirtschaft: Mehr als 80 % der Tiere werden in kleinen Betrieben gehalten, obwohl Vietnam der drittgrößte Markt für Fleisch in Ostasien ist.
Trotzdem hat sich das Land, das auch stark vom Krieg gebeutelt wurde, in den letzten Jahrzehnten von einem überwiegend agrarisch geprägten Entwicklungsland zu einer aufstrebenden Volkswirtschaft entwickelt, die in Südostasien zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Landwirtschaft, insbesondere die Reisproduktion, wird dabei auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielen.
Wichtiger Sektor
Der Agrarsektor leistet einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung sowie zur Ernährungssicherheit in Vietnam. Die Landwirtschaft trägt 14 % zum BIP und 60 % zur Beschäftigung bei. Dennoch sind Landwirte noch immer überproportional von Armut betroffen.
Vietnam exportiert Walnüsse im Wert von 3,4 Milliarden Dollar, Kaffee im Wert von 2,3 Milliarden Dollar, Reis im Wert von 2 Milliarden Dollar und Pfeffer im Wert von 1,8 Milliarden Dollar. Vietnam ist auch der größte Lieferant von Cashewnüssen für die EU – fast 100.000 Tonnen pro Jahr.
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