Die ersten Kerzen am Adventkranz brennen, der Nikolaus war schon da und das Christkind naht mit großen Flügelschlägen. Die Vorfreude der Jüngsten erreicht damit ihren Höhepunkt. Kein Wunder, denn für Kinder heißt Weihnachten vor allem, viele Geschenke zu bekommen. Dass weniger mehr ist, darüber will unter dem Christbaum niemand nachdenken – Kinder nicht und viel zu oft auch Eltern und Großeltern nicht. Wie gelingt es, das Weihnachtsfest nicht als Konsum-Höhepunkt des Jahres zu begehen und einen Weg aus der Packerlflut zu finden?
Ein Zuviel überfordert jedes Kind
„Ein Zuviel überfordert Kinder immer. Gerade jüngere Kinder können eine zu große Menge an Geschenken gar nicht verarbeiten. Ein Zuviel bewirkt auch, dass das Einzelne nicht mehr wertgeschätzt werden kann“, sagt Katharina Strasser aus Grieskirchen (OÖ), klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Wer Kindern vermitteln will, dass nicht der Konsum zählt und es nicht darum geht, viel zu haben, der hat nur eines zu tun: Es selbst genauso vorzuleben. „
Den Fokus etwas Wegbringen vom Akt des Schenkens kann man, indem man dem Rundherum am Heiligen Abend mehr Bedeutung zumisst und schon den Advent dazu nutzt, gemeinsame Rituale zu pflegen. Singen und muszieren, beten am Adventkranz, Kekse backen, stimmungsvoll dekorieren oder weihnachtliche Geschichten vorlesen – wer sich dafür Zeit nimmt, muss nicht mehr viel erklären. „Kinder merken sofort, was den Eltern wichtig ist und was sie gerne tun. Wenn sie sich Zeit füreinander und für das Kind nehmen, dann ist das eine klare Botschaft“, sagt Strasser. Auch der Heilige Abend könne so gestaltet werden, dass den Kindern gezeigt wird: Heute ist ein ganz besonderer Tag, an dem es nicht nur um die Geschenke geht.
Vorfreude gibt Kraft, Rituale geben Sicherheit
Familienberaterin Andrea Holzer-Breid, Referentin in den diözesanen Beratungsstellen „Beziehungleben“, weist auf die Bedeutung der Vorfreude hin. „Diese ist ein wichtiger Aspekt, das Freuen auf das Christkind hat für Kinder eine große Kraft. Kinder freuen sich auch sehr auf Weihnachten, wenn sie die Atmosphäre und Stimmung als schön in Erinnerung haben. Sie lieben Rituale, es gibt ihnen Sicherheit, wenn etwas immer gleich gemacht wird. Ältere Kinder können schon selbst Teile der Feier übernehmen und aktiv mitgestalten“, sagt Holzer-Breid. So übernehmen sie Verantwortung und können das Fest mit jugendlichen Impulsen auffrischen.
Wunschzettel schreiben: gemeinsam überlegen
Natürlich gehören auch Geschenke zum Heiligen Abend dazu. „Sinnvoll ist es, etwas zu schenken, das gebraucht wird und auch öfter verwendet beziehungsweise gespielt wird. Kindern, die noch eine Wunschliste an das Christkind schreiben, sollte man beratend zur Seite stehen. Es ist gut, wenn man schon im Vorfeld gemeinsam mit dem Kind darüber nachdenkt, was es wirklich braucht oder was es mit einem Geschenk konkret machen will“, sagt Holzer-Breid. Empfehlenswert sei auch, Zeit zu schenken, in Form von gemeinsamen Erlebnissen oder Ausflügen. „Besonders für Tauf- oder Firmpaten bietet es sich an, nicht nur in die materielle Richtung zu denken“, sagt die Familienberaterin. Ab welchem Alter ein Kind „reif“ für derart abstrakte Geschenke ist, ist laut Psychologin Strasser individuell unterschiedlich. „Ungefähr ab dem Schulalter“, meint die Psychologin Strasser. Sie empfiehlt Geschenke, die dem Kind auch eigene Kreativität abverlangen. „Wenn Kinder dadurch etwas Neues an sich selbst entdecken, stärkt das auch ihren Selbstwert“, sagt Strasser. Apropos: Seinen Selbstwert zu stärken sei das größte Geschenk, das man einem Kind machen kann. Dazu brauche es Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und das Gefühl, ernst und wichtig genommen zu werden.
Je mehr Menschen ein Kind beschenken wollen, desto eher empfiehlt sich ein koordiniertes Vorgehen. Gemeinsame Geschenke sind auch für getrenntlebende Eltern eine gute Lösung. „Das signalisiert dem Kind gemeinsames Tun und verhindert Mehr-Weniger-Vergleiche“, sagt Familienberaterin Andrea Holzer-Breid. Gemeinsame Geschenke dämmen die Flut an Präsenten für das einzelne Kind ein, gleichzeitig können so auch größere Anschaffungen getätigt werden, die ohnehin anstehen.
Den Geldwert eines Geschenkes können jüngere Kinder kaum erfassen, die Gefahr der Überforderung droht eher durch ein mengenmäßiges Zuviel. Es ist auch nicht so, dass jeder Wunsch erfüllt werden muss. „Als Eltern kann man sich gegen Dinge, die man partout nicht schenken will, wehren. Eltern dürfen auch Grenzen ziehen und dann durchstehen, dass es das Gewünschte nicht gibt“, sagt Holzer-Breid.
Katharina Strasser empfiehlt, auch das Auspacken achtsam zu gestalten: „Jeweils einer packt aus, die anderen schauen aufmerksam zu.“
Schenken macht glücklich und zufrieden
Dass Schenken glücklicher und zufriedener macht als beschenkt zu werden, ist das Ergebnis zahlreicher Studien. „Eltern müssen also aufpassen, sich nicht nur davon leiten zu lassen. Auch ihr Bedürfnis, ihren Kindern etwas zu schenken, kann nicht maßlos befriedigt werden“. sagt die Psychologin. Damit auch Kinder das positive Gefühl des Schenkens spüren können, könne zum Beispiel gemeinsam Spielzeug oder Gewand aussortiert und für Sozialaktionen gespendet werden. „Das sind Erfahrungen, die auch das Kind stärken. Für die Eltern ist es eine Möglichkeit, Werte weiterzugeben“, so die Expertin.
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