Maisernte im Herbst

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Saatgutproduktion in Österreich ist für Ackerbau unverzichtbar

Einschränkungen im Pflanzenschutz, Klimaerwärmung: Züchtungsfortschritt allein ist aber nicht in der Lage, die Versorgungssicherheit zu garantieren.

Die Saatgutzüchtung ist die Basis für die gesamte Lebensmittelwirtschaft, sie steht am Anfang der Wertschöpfungskette“, betonte Oberösterreichs Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger bei einem Pressegespräch. Zu diesem habe man geladen, da sich das Thema in der öffentlichen Diskussion zu sehr im Hintergrund befinde. Dabei leiste die heimische Saatgutwirtschaft einen wesentlichen Beitrag für die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft in ganz Österreich.

Österreich befinde sich in der glücklichen Lage, über mehrere Firmen im Bereich Saatzucht zu verfügen. Aktuell laufen hier 30 Zuchtprogramme, in denen an der Verbesserung des Sortenmaterials gearbeitet wird. Die Saatzucht Donau als das größte heimische Zuchtunternehmen arbeitet an sieben Zuchtprogrammen zu mehreren Getreidearten und einem für Winterraps. Dazu ist in Reichersberg im Innviertel das aktuell erfolgreichste Soja-Zuchtprogramm Europas beheimatet: 2006 wurde damit begonnen, heute hat die Saatzucht Donau 70 Sojasorten (Reifegruppen 0000 bis 1) in diversen Ländern zugelassen. „In Österreich haben wir einen Marktanteil von 61 Prozent, EU-weit wird jedes fünfte Hektar mit einer Sorte aus Reichersberg bestellt“, sagt Johann Birschitzky, Geschäftsführer der Saatzucht Donau. Der Zuchtfortschritt liege derzeit bei gut 1,5 Prozent mehr Kornertrag pro Jahr. Das bedeutet, die neuesten Sojasorten sind aktuell genetisch etwa 500 Kilogramm pro Hektar leistungsfähiger als die Sorten vor zehn Jahren. Die Sojabohne sei tendenziell ein „Klimawandel-Gewinner“, so Birschitzky. Um den sich verändernden klimatischen Bedingungen gerecht zu werden, teste man Saatgut verstärkt in Südosteuropa, etwa Rumänien. „Das dortige Klima werden wir in zwanzig Jahren bei uns haben“, so Birschitzky.

Die Landwirtschaft unterstützt den Zugang zu den neuen Züchtungsmethoden. Nur so wird es gelingen, die heimischen Züchtungsunternehmer international wettbewerbsfähig zu halten.

Franz Waldenbeerger

Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ

Saatbau Linz: größte bäuerliche Saatgut-Genossenschaft

Die größte bäuerliche Genossenschaft Österreichs in der Saatgutwirtschaft ist die Saatbau Linz mit ihren mehr als 3000 Mitgliedern. Sie deckt von der Züchtung über die Vermehrung und die Aufbereitung bis zur internationalen Vermarktung alle Bereiche ab. Die Organisationsstruktur ermögliche es, dass Züchtungsziele direkt aus den praktischen Bedürfnissen der Landwirte entstehen, betont Obmann Josef Aigner. Am Beispiel Körnermais zeige sich, wie erfolgreich man mit der langfristigen Ausrichtung der Programme sei, unabhängige Sortenprüfungen würden den deutlichen Fortschritt belegen. Laut AGES-Sortenprüfung weise Körnermais in Österreich seit Jahrzehnten einen kontinuierlichen Zuchtfortschritt aus, der jährliche Zuwachs betrage im 30-Jahres-Mittel 147 Kilogramm pro Hektar.

Sowohl bei Soja als auch bei Mais habe sich Europa mit Gentechnikfreiheit einen eigenen Markt erschaffen. „Dieser ist für Weltkonzerne nicht mehr so interessant. Als mittelständisches Saatgut-Unternehmen haben wir hier eine Marktchance gefunden“, sagt Aigner.

Ertragsfortschritt in OÖ

Die Landwirtschaftskammer OÖ organisiert seit vielen Jahren Arbeitskreise für mehr als 500 Ackerbaubetriebe. Dabei werden jährlich auch Aufzeichnungen ausgewertet. Der Ertragsfortschritt im Zeitraum 2013 bis 2024 wies etwa bei Winterweizen ein jährliches Plus von 29 Kilogramm pro Hektar aus, bei Wintergerste plus 60 Kilogramm und bei Sojabohnen plus 103 Kilogramm pro Hektar und Jahr.

„Unsere Bäuerinnen und Bauern brauchen Sorten, auf die sie sich verlassen können, auch in schwierigen Jahren. Die Züchtungsarbeit ist daher ein wichtiger Beitrag für stabile Einkommen und Versorgungssicherheit. Zudem profitieren die Ackerbauern von der intensiven Zusammenarbeit mit den heimischen Saatgutfirmen in der Saatgutvermehrung, die sich für viele Betriebe zu einem wichtigen Einkommensstandbein entwickelt hat“, betont LK-Präsident Waldenberger.

Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich betreibt über die Pflanzenbauabteilung ein firmenunabhängiges Versuchswesen und testet jedes Jahr auf mehreren Standorten die stärksten Sorten für Mais-, Weizen-, Gersten-, Soja- und Rapsanbau. „Über das pflanzenbauliche Versuchswesen der LK OÖ erhalten die Ackerbauern neben der beschreibenden Sortenliste der AGES für ihre Sortenentscheidung zusätzliche wichtige Informationen, wie die aktuellen Sorten unter Praxisbedingungen direkt in ihrer Region abschneiden“, so Waldenberger.

Bei den Erträgen gibt es aber nicht nur Fortschritte (siehe Infobox), sondern auch rückläufige Ergebnisse. So sind diese bei Winterraps jährlich um 18 Kilogramm pro Hektar gesunken – und zeigen die Auswirkungen des laufenden Verlusts von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in der EU. Unverständlich sei, warum es in anderen EU-Mitgliedsstaaten zugelassene Beizen für Raps gibt, in Österreich jedoch nicht. Bei den Zuckerrüben veranschauliche eine aktuelle Auswertung der Agrana, dass die Klimaerwärmung vor allem in den Trockengebieten Ostösterreichs Spuren in Form eines kontinuierlich sinkenden Zuckerertrag pro Hektar hinterlasse.

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Reiche Ernte: Das aktuell erfolgreichste Soja-Zuchtprogramm Europas betreibt die Saatzucht Donau in Reichersberg (OÖ).

Neue Züchtungsmethoden

Einschränkungen im Pflanzenschutz und der fortschreitende Klimawandel lassen den Züchtungsfortschritt an seine Grenzen stoßen. Aus diesem Blickpunkt heraus müssten Züchtern und Ackerbauern alle verfügbaren Werkzeuge zur Ertragssicherung zur Verfügung gestellt werden, heißt es vonseiten der Landwirtschaftskammer. „Daher unterstützen wir auch den Zugang zu den neuen Züchtungsmethoden, zu denen wir im Herbst in Brüssel eine Entscheidung erwarten“, so LK-Präsident Franz Waldenberger.

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Von links: Josef Aigner, Franz Waldenberger, Johann Birschitzky