Wiener Schnitzel

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"Vom Schnitzelpreis bleiben nur 30 Cent beim Bauern"

Tirols Bauernbunddirektor Peter Raggl fordert faire Preise und eine ehrliche Debatte.

Die Diskussion über die anhaltende Teuerung bewegt das ganze Land. Doch während viele die Ursachen hoher Lebensmittelpreise bei den Bäuerinnen und Bauern vermuten, zeichnen aktuelle Daten des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo ein völlig anderes Bild. „Die Landwirte sind nicht schuld an den hohen Lebensmittelpreisen“, stellte Wifo-Agrarforscher Franz Sinabell bei einer Veranstaltung des Ökosozialen Forums klar. Verantwortlich seien vielmehr massiv gestiegene Energiepreise und deutlich höhere Personalkosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Eine zentrale Erkenntnis der Wifo-Analyse: Von 100 Euro, die österreichische Haushalte für Lebensmittel ausgeben, kommen nur vier Euro tatsächlich in der Landwirtschaft an – und davon bleibt den Bauern als Einkommen für ihre Arbeit lediglich rund ein Euro. Rund 34 Euro fließen ins Ausland, 17 Euro an Gastronomie und Hotellerie, 14 Euro an den Handel, knapp zwölf Euro in Immobilien, Patente und Markenrechte, neun Euro nimmt der Staat durch Steuern ein und fünf Euro verbleiben bei den Verarbeitern.

Bauern am Ende der Wertschöpfungskette

Bauernbunddirektor Peter Raggl zeigt sich angesichts dieser Zahlen wenig überrascht, aber umso deutlicher: „Diese Analyse bestätigt, was wir in Tirol seit Jahren sagen: Die heimische Landwirtschaft wird zu oft zur Zielscheibe gemacht, obwohl wir am Ende der Wertschöpfungskette stehen. Wenn von einem Schnitzel im Gasthaus für den Bauern nur 30 Cent übrig bleiben, dann sieht jeder, wo die Schieflage tatsächlich liegt. Unsere Betriebe arbeiten effizient, liefern höchste Qualität und bekommen dennoch nur Bruchteile des Endpreises.“

Auch bei alltäglichen Produkten zeigt sich das gleiche Bild: Bei einer Semmel um 35 Cent bleibt ein einziger Cent für das Getreide am Bauernhof. „Es kann nicht sein, dass andere entlang der Kette sehr gut verdienen – aber die eigentlichen Produzenten, die die Versorgung sichern, nur das Minimum erhalten“, so Raggl.

Wir brauchen mehr Ehrlichkeit darüber, wer an Lebensmitteln wirklich verdient – und wer nicht.

Bauernbunddirektor Peter Raggl

Hohe Standards müssen sich auszahlen

Österreich zähle zudem zu jenen Ländern, in denen die Haushalte besonders wenig für Lebensmittel ausgeben – nur 11,4 Prozent des Einkommens, während es in anderen Staaten wie Griechenland fast 20 Prozent sind. Gleichzeitig gebe es enorme Ansprüche an Herkunft, Qualität, Tierwohl und Nachhaltigkeit.

Raggl: „Wir Tiroler haben das Privileg, in einem Land zu leben, in dem die Qualität heimischer Lebensmittel unvergleichlich hoch ist. Aber diese Qualität muss sich auch für die Bauern auszahlen. Wenn der Konsument höchste Standards einfordert, muss er auch bereit sein, ihren Wert anzuerkennen.“

Transparenz gefordert

Der Bauernbunddirektor fordert daher eine faire und transparente Preisdiskussion, die sämtliche Stufen der Wertschöpfungskette einbezieht. „Wir brauchen mehr Ehrlichkeit darüber, wer an Lebensmitteln wirklich verdient – und wer nicht. Die Bauern sind es jedenfalls nicht.“ Außerdem brauche es ein umfassendes Preismonitoring, wie es Sinabell vorgeschlagen hat, um Preisentwicklungen nachvollziehbar zu machen.

Raggl appelliert abschließend: „Wenn wir unsere kleinstrukturierte, nachhaltige Landwirtschaft erhalten wollen, müssen wir dafür sorgen, dass die Wertschöpfung wieder dort ankommt, wo die Lebensmittel entstehen – bei den bäuerlichen Familien. Sie sichern unsere Versorgung und unsere Kulturlandschaft. Dafür verdienen sie Anerkennung und faire Preise.“