Den ersten Anlauf gegen nicht marktkonformes Verhalten von Abnehmern landwirtschaftlicher Produkte, die sogenannten unlauteren Handelspraktiken (UTP), startete die Europäische Union 2019. Die damals präsentierte UTP-Richtlinie wurde hierzulande bekanntlich mit dem Faire-Wettbewerbsbedingungen-Gesetz (FWBG) umgesetzt. Seither können sich Zulieferer der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette bei Verdacht von unfairen Geschäftspraktiken an das Fairness-Büro wenden. Das niederschwellige Angebot wird intensiv genutzt. Allein im Vorjahr verzeichnete die nicht weisungsgebundene Stelle des Landwirtschaftsministeriums mehr als 800 Beschwerden. Im Jahr zuvor waren es noch unter 30.
Hansens Pläne gehen in Umsetzung
Es dürfte also seine Gründe haben, warum EU-Agrarkommissar Christophe Hansen eine UTP-Novelle als eine seiner ersten Amtshandlungen im Dezember 2024 in die Wege leitete. Mehr Fairness zwischen Bauern und Abnehmern war auch eine Forderung aus dem Strategischen Dialog, um die bisherigen Machtverhältnisse entlang der Lieferkette auszugleichen, Bauern für ihre Arbeit angemessener zu entlohnen und letzten Endes auch die Versorgung mit Lebensmitteln abzusichern.
Nun haben sich EU-Kommission, Rat und Europaparlament in der Causa auf einen Verordnungstext zur grenzüberschreitenden Anwendung der geltenden Vorgaben zur weiteren Eindämmung von solchen Handelspraktiken geeinigt. Konkret soll etwa die Zusammenarbeit der nationalen Behörden, die für die Durchsetzung des EU-Verbots der UTP zuständig sind, verpflichtend werden.
Auch grenzüberschreitende Verstöße, beispielsweise von Handelsketten gegenüber Landwirten, will man verhindern, untersuchen und ahnden. Rat wie EU-Parlament setzen darauf, dass damit die bisherigen Machtverhältnisse entlang der Lieferkette besser ausbalanciert und Landwirte für ihre Arbeit angemessener entlohnt werden. Zudem will man absichern, dass die Mitgliedstaaten von Amts wegen eingreifen und grenzüberschreitende unlautere Handelspraktiken ohne formelle Beschwerde eines Erzeugers unterbinden können. Auch der Gefahr, dass Unternehmen das Gesetz umgehen, indem sie ihren Sitz ins Ausland verlagern, soll die neue Verordnung begegnen. So sollen die Regeln auch Erzeuger schützen, die unter unlauteren Handelspraktiken von Abnehmern aus Drittländern leiden.
Das Parlament konnte in den Verhandlungen überdies durchsetzen, dass Käufer mit Sitz außerhalb der EU künftig eine „für die EU zuständige Kontaktperson“ angeben müssen, falls gegen sie Ermittlungen eingeleitet werden. Diese Person dient als erste Anlaufstelle für die Behörden und ist verpflichtet, Ermittlungen wegen unlauterer Handelspraktiken zu unterstützen.
Nicht zuletzt wird auch die Abstimmung zwischen den EU-Ländern forciert. So sollen die zuständigen nationalen Behörden sich künftig gegenseitig über unlautere Handelspraktiken informieren, die in zwei oder mehr Mitgliedstaaten passieren. Die EU-Politiker erwarten sich davon eine abschreckende Wirkung. Auch sollen schnelle und koordinierte Reaktionen zur Bekämpfung von UTP gewährleistet werden.
Vorerst ist Geduld gefragt
Damit die UTP-Verordnung in Kraft tritt, müssen nun der Rat und das EU-Parlament ihre offizielle Zustimmung erteilen. Nach der Einigung im Trilog üblicherweise eine Formsache. Bis das Maßnahmenbündel dann auch wirklich gilt, vergeht allerdings noch Zeit. Die Regeln treten erst gut drei Wochen nach ihrer offiziellen Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft. Verpflichtend anzuwenden sind sie 18 Monate später.
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