Zwischen Erdbeerfeld, Gänseweide und Klostermauern: Der Koebelehof

Man kann vieles ausprobieren – solange man die Finanzen genauestens im Blick hat. Diesen Leitsatz verfolgt Nebenerwerbsbauer und Autor Ulrich Jakob Zeni vom Koebelehof in Silz.

Ulrich Jakob Zeni mit Schnapsglas und Weidegänsen auf Streuobstwiese

Copyright © Bauernzeitung

Die Martinigänse schnattern hinter dem Bungalow, der als Wohnhaus dient. Das Erdbeerfeld liegt im Nachbarort. Die Äpfel und Birnen wachsen hinter hohen Stiftsmauern. Das Betriebskonzept von Ulrich Jakob Zeni aus Silz entspricht nicht dem Modell eines klassischen Bauernhofs – doch es funktioniert.

Der Koebelehof, benannt nach Urgroßvater Jakob, ist ein Aussiedlerbetrieb im Tiroler Bezirk Imst. Derzeit werden 5,3 Hektar an Eigen- und Pachtflächen aktiv bewirtschaftet. Zeni führt den Betrieb im Nebenerwerb, Hilfe hat er vom fleißigen Saisonarbeiter Christoph. Hauptberuflich ist der Bauer als Referent der Landwirtschaftskammer Tirol tätig. 1999 hat er den Betrieb, der viele Jahre verpachtet wurde, wieder in den Schoß der Familie geholt. Ein großes Risiko, denn es gab weder Maschinen noch Wirtschaftsgebäude – bloß Parzellen, verteilt über das Dorf hinaus, und eine 200 Jahre alte Hofstelle im Ortskern. „Das war Glück und Unglück zugleich“, blickt Zeni zurück. Denn so hatte er die Möglichkeit, den Hof ganz nach seinen Vorstellungen aufzubauen. Und Ideen hatte der passionierte Bauer schon immer zu Genüge.

Von der Theorie in die Praxis

Heidelbeeren, Kirschen, Weintrauben, Getreide zum Bierbrauen, Duroc-Freilandschweine, Mastkaninchen und Kamerun-Schafe: Sein Schaffen als Nebenerwerbsbauer hat Ulrich Jakob Zeni dem Ausprobieren verschiedener Betriebszweige gewidmet. „Nach meiner Ausbildung wollte ich die Praxis kennenlernen. Von meinen Projekten haben auch die Höfe profitiert, die ich als Kammerberater betreut habe“, zeigt sich Zeni zufrieden.

70 Martinigänse dürfen von Ende April bis Anfang November auf der Streuobstwiese weiden.

Martinigänse auf der Streuobstwiese

Das Betriebskonzept von Ulrich Jakob Zeni wird durch das Erdbeerfeld zum Selberpflücken optimal ergänzt.

Erdbeerfeld von Ulrich Jakob Zeni aus Silz

Tontöpfe im Obstgarten bieten Ohrenschliefern Unterschlupf – eine natürliche Hilfe gegen Blattläuse.

Stiftsgarten Stift Stams Kernobst

Heute stützen drei Standbeine den Koebelehof: 70 Martinigänse, die auf der Streuobstwiese leben, 1,5 Hektar Erdbeeren zum Selberpflücken und 1,8 Hektar Kernobst, die zur Saft- und Schnapsverarbeitung verkauft werden.

Besonders gerne arbeitet Zeni auf der Äpfel- und Birnenanlage – was auch ihrer Lage geschuldet ist: „Vor einigen Jahren suchte das Stift Stams jemanden, der die Obstanlage in der Klausur bewirtschaftet. Seitdem darf ich mich darum kümmern und durch ein rücksichtsvolles Miteinander funktioniert das einwandfrei.“

Freude macht ihm auch die Aufzucht der Martinigänse, die als saisonale und von Schnabel bis Latsche verwertbare Tiere einen großen Mehrwert an den Hof bringen. „Verarbeitet werden die Tiere durch das Schlachtmobil des Maschinenrings. Die Vermarktung läuft über einen regionalen Gastronomiebetrieb und Stammkunden.“

Bei seinem Erdbeerfeld, das Konsumenten zum Selberpflücken einlädt, setzt Ulrich Zeni auf Social Media als Plattform für die Bewerbung: „Als Erlebnis für die ganze Familie ist das Erdbeerpflücken sehr beliebt – für einen kleinen Betrieb wie meinen eine ideale Lösung. Dennoch sind die Erdbeeren sehr arbeitsaufwändig und brauchen im Wachstum ständige Pflege.“

Mit Mut und Taschenrechner

In wenigen Jahren könnte Ulrich Jakob Zeni seinen kleinen Nebenerwerbsbetrieb sogar im Vollerwerb führen. „Das Geheimnis für betrieblichen Erfolg ist für mich die genaue Kalkulation. Man kann ruhig mutige Entscheidungen treffen und über den Tellerrand hinausblicken – solange man einen Taschenrechner in der Hand hat“, bestätigt der Wirtschaftsberater. Man müsse Verantwortung spüren, wenn man etwas wagt. „Es muss finanziell ein bisschen wehtun, wenn die Sache schiefläuft. Nur so steht man konsequent dahinter und gibt sich Mühe.“ Und auch Misserfolge gehören für Zeni zum Leben: „Wer A sagt, muss nicht B sagen. Es darf auch C sein. Es ist keine Schande, ein Projekt zu beenden, wenn es keinen Sinn macht, noch mehr Zeit und Geld zu investieren.“

Doch nicht nur in betrieblichen Angelegenheiten berät Zeni. Er teilt auch seine Leidenschaft für das Schnapsbrennen und die Lebensmittelverarbeitung mit interessierten Leserinnen und Lesern. „Die Einkochbibel“ ist nur eines der vielen Nachschlagwerke des Autors.

"Man kann ruhig mutige Entscheidungen treffen und über den Tellerrand hinausblicken – solange man einen Taschenrechner in der Hand hat."

Ulrich Jakob Zeni

„Der Pischl“ in Neuauflage

Kürzlich erschienen ist seine Neuauflage von „Schnapsbrennen“, dem Standardwerk für Schnapsbrenner und alle, die es werden wollen. Verfasst wurde es 1980 von Josef Pischl, ehemaligem Direktor der LLA Rotholz. Über 200.000 Mal wurde das Ursprungswerk verkauft. „Für mich war es keine Frage, dass ich als Tiroler das Werk eines Tirolers würdig weiterführen werde“, erklärt Zeni den Schritt in die Fußstapfen Pischls. Ergänzt um aktuelle EU-Vorschriften und Rezepte für Gin, Kornbrand und Rum möchte Ulrich Jakob Zeni sein Wissen so an die nächste Generation von Schnapsbrennern weitergeben. Denn im Leben wie beim Brennen gilt: ausprobieren, kalkulieren, verfeinern – und am Ende das Ergebnis genießen.

Copyright © Verlag Stocker

Mit der Neuauflage von "Schnapsbrennen" trat Ulrich Jakob Zeni in die Fußstapfen von Josef Pischl.

Betriebsspiegel

1892 wurde der Koebelehof in Silz (Tirol, Bezirk Imst) von Urgroßvater Jakob Dablander gekauft. Ende der 1960er-Jahre wurde der Betrieb ruhend gestellt und die Flächen zur Gänze verpachtet. 1999 reaktivierte Ulrich Jakob Zeni den Betrieb. Zum Hof gehören 2,5 ha Ackerfläche, 1,6 ha Teilwaldfläche, 2,8 ha werden verpachtet und 4,2 ha Fläche zugepachtet. Genutzt werden die Flächen für den Anbau von Kernobst, Erdbeeren, Streuobst und die Aufzucht von 70 Weidegänsen. Ein Mitarbeiter hilft von April bis November bei der Bewirtschaftung des Nebenerwerbsbetriebs.