Waldbewirtschaftung ohne anerkannte und gesicherte Grundstücksgrenzen ist praktisch nicht möglich: Nicht nur, dass man die korrekten Flächen für die Forsteinrichtung nicht
ermitteln kann, bleiben ungesicherte Grenzverläufe ein ständiges Streitthema. Lässt man anlässlich einer Nutzung Bäume in unklaren Bereichen stehen, kann der Nachbar später behaupten, dass die so gegebene Grenze die Nutzungsgrenze darstellt. Und hackt man aber einfach in das Nachbargrundstück hinein, bis der Nachbar „Stopp!“ schreit, ist der Konflikt genauso vorprogrammiert.
Das Problem ist, dass gerade im bäuerlichen Bereich Grundgrenzen im Wald über Jahrzehnte hinweg vernachlässigt und bei Bedarf dann durch einfache Übertragung der Grundsteuerkatasterlinien aus der Katastralmappe in die Natur hergestellt werden – was so weder rechtlich richtig noch möglich ist.
Grenzherstellung
Denn bei der Bestimmung der richtigen Grenze ist gemäß der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in erster Linie nicht auf diese Mappengrenzen abzustellen. Wenn die Grundstücksgrenzen nicht im Grenzkataster eingetragen sind und zwischen den Grundnachbarn keine Einigkeit besteht, so bestimmt sich der eigentumsrechtliche Grenzverlauf nach dem letzten ruhigen Besitzstand, also vorrangig nach unbedenklichen objektiven Grenzzeichen (etwa Grenzsteine, Metallmarken, Grenzpflöcke) oder nach der Naturgrenze (z. B. Zäune, Bäume, Böschungskanten, natürliche Grenzlinien).
Die Grundgrenze ist als senkrechte Trennwand zwischen den Machtbereichen der Nachbarn zu verstehen. Verschneidet man diese Wand mit der Bodenoberfläche, dann erhält man die Grenzlinie, die man dann auch in der Natur sichert. Ist nichts anderes vereinbart, ergibt sich diese Linie als geradlinige Verbindung von Grenzpunkten (jeweils Stein- oder Pflockmitte).
Grundsteuer- und Grenzkataster
Grundstücke (oder umgangssprachlich: Parzellen) sind zusammenhängende, von einer in sich zurücklaufenden Grenzlinie umschlossene Bodenflächen, die jeweils mit einer Grundstücksnummer in Verbindung mit dem Namen der Katastralgemeinde eindeutig bezeichnet sind.
Zur Qualität der Katastralmappe ist zu beachten, dass der ausschließliche Zweck des Grundsteuerkatasters die gerechte und gleichmäßige Aufteilung der Grundsteuer war. Wald war im 19. Jahrhundert nur gering besteuert, die Katastralmappe weist dort daher oft große Abweichungen vom wirklichen Grenzverlauf auf, was auch auf Aufnahmeungenauigkeiten und auf nachträgliche Grenzänderungen in der Natur zurückzuführen ist. Im Wald sind (amtlich festgestellte) Abweichungen um mehr als 50 Meter keine Seltenheit, wobei die Abweichung in einem konkreten Fall nicht weniger als 410 Meter betragen hat. Aber auch wo die Katastermappe ursprünglich sehr genau aufgenommen wurde, ist schon wegen der Dicke der Grenzlinien und aller Ungenauigkeiten beim Hochzeichnen der Urmappe Vorsicht geboten. Die Katastralmappe ist eben lediglich zur Veranschaulichung der Lage der Liegenschaft bestimmt und keinesfalls geeignet, eine dauerhafte Sicherung des Grenzverlaufs und damit einen Schutz „gutgläubiger Dritter“ herbeizuführen. Eine Grenzherstellung in der Natur anhand des Grundsteuerkatasters war und ist nicht vorgesehen.
Aus Gründen der Rechtssicherheit wurde mit dem Vermessungsgesetz 1968 der ausdrücklich zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke bestimmte Grenzkataster eingeführt. Die Ersitzung an Teilen von Grundstücken im Grenzkataster ist ausgeschlossen, jeder Grenzpunkt ist im Grenzkataster koordinativ bestimmt und so jederzeit in der Natur vermessungstechnisch wiederherstellbar. Aufgrund der hohen Anforderungen befindet sich allerdings erst ein sehr geringer Teil aller land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Grenzkataster.
Auf gute Vermarkung der Grenzen achten
Eine vorhandene, gut sichtbare, dauerhafte Vermarkung der Grenze ermöglicht Eigentümern und Nutzungsberechtigten, einfach, unzweifelhaft und ohne direkte Mitwirkung der jeweiligen Nachbarn festzustellen, wie weit sich ihr Recht an Grund und Boden erstreckt. Eine derartige Vermarkung trägt wesentlich zur störungsfreien Besitzausübung und so zur Vermeidung von Grenzstreitigkeiten bei.
Um eine solche Grenzvermarkung dauerhaft zu erhalten, muss sie auch regelmäßig gepflegt werden, was erfahrungsgemäß bedeutet, dass die Grenzen mindestens alle drei bis vier Jahre zu begehen sind und dabei die Vermarkung freizulegen und aufzufrischen sowie erforderlichenfalls die Sichtpflöcke zu erneuern sind – wo immer möglich, gemeinsam mit dem jeweiligen Nachbarn.
Teurer Gerichtsgang
Wenn mit dem Nachbarn jedoch nicht zu reden ist und seine Vorstellung vom Verlauf der Grenze von der eigenen Vorstellung derart abweicht, dass ein Kompromiss nicht zu erwarten ist, dann wird sich eine gerichtliche Auseinandersetzung schwer vermeiden lassen. Solche Streitigkeiten werden im rechtsgestaltenden Außerstreitverfahren gelöst, das auf Neuvermarkung, Wiederherstellung der richtigen oder Herstellung einer neuen Grenze zu richten ist.
Was dabei aber nie vergessen werden darf: Bereits nach der ersten Gerichtsverhandlung betragen die Kosten regelmäßig schon ein Mehrfaches des Wertes der strittigen Fläche – was aber im Klartext bedeutet, dass nicht mehr um Bäume oder Grund und Boden gestritten wird, sondern nur mehr um die Aufteilung der Prozesskosten. Je länger gestritten wird, umso teurer wird es, und umso unmöglicher wird es damit auch für beide Seiten, nachzugeben und im Vergleichsweg eine Lösung herbeizuführen. Dabei wäre es in den meisten Fällen ganz einfach – wenn beide Seiten schon vorher zum Nachgeben bereit sind und nach bestem Wissen und Gewissen einvernehmlich die gemeinsame Grenze festlegen.
Markierungen führen zum Grenzstein
Die Lage eines Grenzsteins sollte zusätzlich abgesichert werden, indem der nächstgelegene Baum in Richtung des Grenzsteins farbig markiert wird.
Als besonders praktisch hat sich erwiesen, den nächstgelegenen Baum mittels eines um den Stamm herumreichenden farbigen Rings zu markieren (von allen Seiten sichtbar, daher leichter wiederzufinden) und von diesem Ring ausgehend einen senkrechten Strich herunter in Richtung des Grenzsteins zu ziehen (wobei je zehn Zentimeter Länge dieses Strichs einem Abstand des Grenzsteins vom Baum von einem Meter entsprechen; das heißt beispielsweise bei einer Strichlänge von 40 Zentimetern ist der Grenzstein vier Meter in Richtung des Strichs vom Baum entfernt).
Buchtipp
„Wegerecht und Grenzstreitigkeiten“ ist ein praktischer Ratgeber für Land- und Forstwirte und alle speziell Interessierten. Peter Herbst und Michael Maschl vermitteln in dem Buch ausreichend Grundwissen und zeigen viele praktische Möglichkeiten auf, wie Konflikte vermieden werden können, aber auch, wie im Fall von Konflikten vorgegangen werden kann.
Neuer Wissenschaftlicher Verlag, 2. überarbeitete Auflage 2021,
ISBN: 978-3-7083-1370-2,
136 Seiten, Preis: 19,80 Euro
Seminartipp
„wald:recht – Grenzen, Wege, Nutzungsrechte“ am 19.3.2026 an der Forstlichen Ausbildungsstätte in Ossiach (Kursgebühr: 200 Euro).
Copyright © Peter Herbst
Jeder Dezimeter des senkrechten Strichs am Baum entspricht einem Meter Abstand des Grenzsteins.
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