Leistung und Ruhe sind Geschwister

Portrait Sabine Kronberger

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Der November ist kein lauter Monat. Nach den langen, arbeitsreichen Wochen des Sommers und Herbstes bietet er uns seine Stille an. Die Felder liegen brach, die Tage werden kürzer, und zum ersten Mal seit Langem bleibt abends auf den Bauernhöfen – vielleicht – wieder Zeit zum Durchatmen. In dieser Ruhe steckt etwas Kostbares: nämlich die Gelegenheit, das eigene Jahr mit Abstand zu betrachten. In der Landwirtschaft sind wir gewohnt, stets weiterzumachen. Immer weiter und weiter. Kaum ist die Ernte eingebracht, stehen schon neue Aufgaben an, und immer sieht man Dinge, die noch zu tun wären. Doch wer ständig nur läuft, merkt gar nicht, wie weit er schon gekommen ist. Wertschätzung ist ein Wort, das in der Landwirtschaft meist nach außen gedacht wird und vom Außen erwartet wird: Wertschätzung für heimische Lebensmittel, für bäuerliche Arbeit, für Nachhaltigkeit, für Nahrungssicherheit. Aber vielleicht beginnt sie vielmehr im Kleinen, bei uns selbst. Denn hinter jedem erfolgreichen (oder auch weniger zufriedenstellenden) Jahr stehen unzählige Handgriffe, Entscheidungen, Sorgen und noch viel mehr Durchhaltevermögen. Das verdient Anerkennung. Auch die eigene. Und der November darf uns daran erinnern, dass auch in der Bauernschaft Leistung und Ruhe Geschwister sein dürfen. Dass echte Stärke nicht nur im Tun, sondern auch im Innehalten liegt. Wer sich selbst Zeit gönnt, um bei sich anzukommen, sammelt Kraft für das, was bevorsteht. Und vielleicht ist genau das die wichtigste Arbeit des nun kommenden Winters: sich selbst nicht zu vergessen.